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Im Interview mit Jürgen Mossakowski: Mitbegründer von circulee
Veröffentlicht am 3. Feb. 202510 min LesezeitJürgen Mossakowski, Aufsichtsratsvorsitzender der CHG-MERIDIAN AG.
Herzlich willkommen zu unserem Interview mit Jürgen Mossakowski, Aufsichtsratsvorsitzender der CHG-MERIDIAN AG und Vorstandsvorsitzender der Mossakowski Stiftung. Die CHG-MERIDIAN-Gruppe mit Hauptsitz in Weingarten/Deutschland ist eines der weltweit führenden IT Leasing-Unternehmen und damit auch Pionier von IT-Nutzungsmodellen. 1987 kam Jürgen Mossakowski zur Meridian Computer GmbH und wurde CEO der CHG-Meridian AG. Unter seiner 25-jährigen Führungs-Ära entwickelte sich das Unternehmen zu einem führenden globalen Leasing-Spieler. Herr Mossakowski ist auch Mitbegründer von circulee. Eine sehr spannende Vita – viel Spaß beim Lesen!
Thomas Gros: Jürgen, als Teil Deiner unternehmerischen Reise, hast Du die CHG-Meridian AG zu einem globalen IT-Leasing Unternehmen gemacht – wie kam es dazu und was hat Dich persönlich dabei angetrieben?
Jürgen Mossakowski: Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass die Entwicklung der CHG-Meridian keinem ausgefeilten strategischem Plan entsprungen ist. Wenn ich darüber nachdenke, dann hatten wir eine Reihe von Zutaten, die sich zu einem guten, erfolgreichen Ganzen zusammengefügt haben: “Das Rezept ist eigentlich während des Kochens entstanden.” Das Wichtigste war ein gutes Team von erfahrenen und auch jungen Menschen, die sehr gut zusammengearbeitet, sich ergänzt und voneinander gelernt haben.
Es gab in der alten CHG eine DNA, mittels derer man den Kunden gute, preisgünstige Lösungen vorgeschlagen bzw. mit ihnen erarbeitet hat, die sowohl für den Kunden als auch die Firma finanziell sehr interessant waren. Wir haben häufig nicht vergleichbare Lösungen präsentieren können, in dem wir alternative Wege gegangen sind. Diese haben die Kunden überzeugt. Neben dem organischen Wachstum sind wir auch durch Firmenübernahmen gewachsen. Dadurch haben wir zudem viele neue Kunden von unseren Lösungen überzeugen können. Wir sind mit unseren Kunden stets den Trends der IT-Branche gefolgt, beispielsweise von zentralen zu dezentralen Lösungen. Gerade diese Wechsel in den Technologien waren oftmals der Auslöser für Firmenübernahmen. Wir haben dabei darauf geachtet, wie wir Mehrwerte für unsere Kunden generieren können und so neue Lösungen gebaut, mit denen wir Vorreiter in der Branche waren.
Auch die internationale Ausrichtung ist eher dem Wunsch unserer Kunden entsprungen, die die Lösungen, die sie von uns aus Deutschland kannten, auch bei ihren internationalen Töchtern umsetzen wollten. So sind wir zunächst in Europa expandiert, danach auf den amerikanischen Kontinent und heute expandieren wir in Asien. Ich denke, wir haben uns stets kritisch hinterfragt, ob wir das, was wir tun, nicht noch verbessern können. Mich persönlich hat die Perspektive auf Wachstum und Veränderung angetrieben. Gute Mitarbeiter wollen im Regelfall nicht stehen bleiben. Sie wollen sich weiterentwickeln. Und wenn ich ihnen das nicht bieten kann, dann gehen sie woanders hin. Also muss ich schauen, dass ich die Firma weiterentwickle und so wieder neue Möglichkeiten und Chancen schaffe.
Thomas Gros: Du hast einen Großteil Deiner Kariere in der IT-Branche verbracht – wie blickst Du auf die Industrie heute? Was begeistert und inspiriert dich? Was siehst Du kritisch?
Jürgen Mossakowski: Vielen Dank für die Frage. Es gilt, die beiden Seiten zu betrachten. Ich bin nach wie vor begeistert von der technologischen Innovationskraft der IT-Branche. Manchmal hat man den Eindruck, die Entwicklungen werden immer schneller und es fällt zunehmend schwer, mit diesen vielen Möglichkeiten Schritt zu halten und sie umzusetzen. Wobei ich bei manchen Entwicklungen allerdings auch denke, dass sie nur dazu dienen, die Umsätze zu puschen, aber eigentlich keine wesentlichen Neuerungen sind. All diese Entwicklungen sind natürlich auch Wachstumstreiber für uns als Finanzierungsgesellschaft für diese Technologie. Die Branche schafft zudem immer wieder neue Berufsmöglichkeiten. Gleichzeitig verschwinden natürlich auch viele Berufe. Das bedeutet, man hat eigentlich keine andere Wahl als sich ständig weiterzubilden. IT hat dafür gesorgt, dass wir heute die Möglichkeit haben, flexibel und quasi von jedem Ort der Welt zu arbeiten und zu kommunizieren. Gleichzeitig verursacht das aber auch gesundheitliche und soziale Probleme.
Nehmen wir beispielsweise das Thema „Home-Office oder remote-Working“. Es hat seine guten Gründe, warum Unternehmen versuchen, die Mitarbeiter wieder ins Büro zu holen. Und wenn wir das Thema „Umwelt“ betrachten, dann ist die Bilanz sicher auch nicht so positiv. Die Produktion und Entsorgung von IT-Geräten führt zu erheblichen Umweltbelastungen. Da ist es schon ein wesentlicher Beitrag, wenn Unternehmen wie circulee die Geräte-life-time verbessern. Auch den Energiebedarf, den die vielen Rechenzentren verursachen, sehe ich kritisch. Ein weiterer wichtiger Punkt ist natürlich das Thema der Sicherheit. Ich fürchte, dass dieses „Hase-und-Igel Spiel“ zwischen Cyberangriffen und -sicherheit nie enden wird. Jetzt habe ich nur einige Punkte genannt. Das ließe sich beliebig fortsetzen.
Thomas Gros: Was hat Dich dazu bewegt, circulee ins Leben zu rufen und welches Potential siehst Du im Refurbished Markt?
Jürgen Mossakowski: Nach meinem Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat der CHG-Meridian habe ich begonnen, mich intensiver mit Start-ups auseinanderzusetzen und ich fand das hochspannend. Insbesondere hat mich die teilweise komplett andere Denke fasziniert, die andere Herangehensweise an Problemstellungen, andere zeitliche Vorstellungen, und, und, und ...
Bei CHG-MERIDIAN hatte sich, nach meiner Wahrnehmung, nach den vielen, sehr erfolgreichen Jahren, ein wenig eine “not-invented-here”-Mentalität herausgebildet. Zudem sorgt die zunehmende Regulierung auch nicht gerade dafür, das mehr Dynamik in ein Geschäftsmodell kommt. Es war mir wichtig, aufzuzeigen, dass man auch mit anderen Ansätzen erfolgreich sein kann und das sich die Welt außerhalb unseres Kosmos weiter bewegt. Diese Einsicht hatte ich auch nicht exklusiv. Wir haben gemeinsam mit dem Vorstand nach einem Thema gesucht, das eine gewisse Schnittstelle zum Geschäftsmodell der CHG-Meridian hatte, aber nicht unbedingt disruptiv sein sollte, sondern eher komplementär.
Bei einer Stückzahl von etwa eine Millionen Rückläufern aus Leasingverträgen lag der “Refurbished Markt” natürlich nahe. Heute bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass wir es richtig gemacht haben. Sicherlich war es nicht circulee allein, die die CHG-Meridian wieder dynamischer hat werden lassen. Daneben hat es viele weitere Initiativen gegeben, aber circulee hat sicherlich einen Anteil gehabt. Ich bin sehr positiv, was den Refurbished Markt angeht. Auch wenn man derzeit den Eindruck haben könnte, dass das Thema Sustainability wieder etwas in den Hintergrund rückt, bin ich überzeugt, dass man “pre-owned”-Technologie weiterhin sehr gut und kostengünstig einsetzen kann. Und dieser Markt wird sich weiter entwickeln. Aber wie immer im Leben: Manche Entwicklungen gehen schneller und bei manchen dauert es ein wenig länger.
Thomas Gros: Neben Deiner Tätigkeit im Aufsichtsrat und als Start-up Investor, verfolgst Du heute zahlreiche Non-Profit und soziale Projekte. Wofür setzt Du Dich besonders ein und warum?
Jürgen Mossakowski: Beruflich und privat bin ich viel in der Welt herumgekommen und schaue dadurch auf Deutschland mit einem vielleicht eigenen Blick. Ich bin zum einem immer wieder begeistert von den vielfältigen Möglichkeiten, die wir in diesem Land haben und zum anderen auch traurig darüber, wie wenig wir aus diesen Möglichkeiten machen. Mich bewegt das sehr und darum möchte ich dem Land, in dem ich geboren, und der Gesellschaft, in der ich groß wurde, etwas zurückgeben. Dadurch unterstütze ich Projekte, die den Ansatz von “Hilfe zur Selbsthilfe” in sich tragen, besonders gerne. Insbesondere steht aber das Thema “Bildung” für mich im Mittelpunkt.
Bildung und eine gute Ausbildung ist fundamental wichtig für das Leben und gerade in der heutigen, sehr komplexen Zeit, ist sie aus meiner Sicht wichtiger denn je. Leider treten wir auch hier in Deutschland auf der Stelle und entwickeln uns nicht so weiter, wie es notwendig wäre. Studien bestätigen uns das immer wieder. Darum bauen wir dgtal® auf, einen Lernort, in dem Jugendliche aller Schulformen im Alter von 12 – 19 Jahren digitale Kompetenzen zur Vorbereitung auf das Leben selbstbestimmt entwickeln und ausbauen können. Dgtal® ist sowohl ein Makerspace als auch eine Plattform zur Förderung zukunftsrelevanter Soft- und Hardskills. Unser Ziel ist es, Digital- und Medienkompetenz, sowie Lern-, Sozial- und Lebenskompetenz zu vermitteln.
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