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Nachhaltigkeit als Treiber für Innovation und Wachstum: Ein Gespräch mit Stefan Helmcke von McKinsey & Company

Veröffentlicht am 18. Sep. 20237 min Lesezeit
Stefan Helmcke, Co-Leiter der globalen Sustainability Practice bei McKinsey & Company

Stefan Helmcke, Co-Leiter der globalen Sustainability Practice bei McKinsey & Company

Als führender Anbieter von Green IT und überzeugter Wegbereiter für nachhaltige Geschäftsmodelle und Kreislaufwirtschaft, laden wir richtungsweisende Unternehmen und Persönlichkeiten ein, sich mit uns zum Thema Innovation und Strategien zur Nachhaltigkeit auszutauschen. Wir möchten damit der nachhaltigen Wirtschaft und klimafreundlichen Initiativen eine Stimme verleihen und nach Nachhaltigkeit strebenden Unternehmen eine Inspirationsplattform bieten.
Stefan Helmcke ist Co-Leiter der globalen Sustainability Practice bei McKinsey & Company. Er verantwortet dort den Bereich Sustainability-Strategie und in Europa den Bereich Sustainability für Energieunternehmen und die Grundstoffindustrie. Er arbeitet seit über 20 Jahren im Bereich Nachhaltigkeit an Fragestellungen der Klimawende, der Wasser- und Kreislaufwirtschaft.
Thomas Gros (CEO founder von circulee): Hi Stefan, schön mit dir zu sprechen. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit heute im Kontext von McKinsey’s Klientenarbeit?
Stefan Helmcke: Nachhaltigkeit ist schon einigen Jahren eine unserer absoluten Top-Prioritäten. Wir sind überzeugt: Wachstum und Nachhaltigkeit können und müssen Hand in Hand gehen. Das Erreichen der Klimaziele ist für unsere Klienten eine Riesenherausforderung, aber gleichzeitig auch eine Riesenchance. Daher haben auch so gut wie alle unsere Klienten-Projekte in irgendeiner Form eine Nachhaltigkeitskomponente. Die Projekte lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen: Einerseits geht es darum, die Geschäftsmodelle zu dekarbonisieren – vom Produktdesign, über die Lieferketten bis hin zum Energie-Mix. Andererseits arbeiten wir intensiv daran, gemeinsam mit unseren Klienten neue Märkte zu identifizieren, schnell in nachhaltige Geschäftsmodelle zu investieren und so vom Klimawandel zu profitieren. Es gilt, jetzt die richtigen Weichen zu stellen und in kreative grüne Lösungen zu investieren, um auch in Zukunft zu den Gewinnern zu zählen. Denn schon jetzt zahlen sich grüne Lösungen und Angebote für visionäre Unternehmen aus. Unsere Einheit McKinsey Sustainability ist heute eine der am schnellsten wachsenden Bereiche unserer Firma. Unser Ziel ist ehrgeizig und klar: Wir wollen die weltweit größte Kraft für die Dekarbonisierung in allen Sektoren sein. Allein im Jahr 2022 haben wir mehr als 1.600 Beratungsprojekte zum Thema Nachhaltigkeit erfolgreich abgeschlossen.
Thomas Gros: Was konkret machen große Unternehmen heute, um nachhaltiger zu werden?
Stefan Helmcke: Das ist natürlich je nach Branche und Ausgangslage ganz unterschiedlich. Wir sehen einerseits Unternehmen, die mit neuen nachhaltigen Produkten deutlich schneller wachsen als die Konkurrenz, zum Beispiel auch im Bereich Circularity. Das können sowohl neue Unternehmen sein, Start-ups, die mit einem frischen Geschäftsmodell durchstarten. Aber auch große etablierte Unternehmen, differenzieren sich immer häufiger mit grünen Produkten und Wertangeboten in bestehenden Märkten. Andererseits arbeiten auch Unternehmen in schwer zu dekarbonisierenden Branchen intensiv daran, die Emissionen in all ihren Systemen zu identifizieren und zu beseitigen. In der Luftfahrt z.B. durch den graduellen Umstieg auf Sustainable Aviation Fuels oder im Konsumgüterbereich durch die Reduktion von Plastikverpackungen und den Einsatz von nachhaltigen Alternativen. Das sind sehr komplexe Transformationen, für deren Erfolg es entscheidend ist, alle internen und externen Stakeholder einzubeziehen und gut zu kommunizieren. Mehr dazu: Win green & grow Fallstudien.
Thomas Gros: Welche Herausforderungen sieht McKinsey aus Macro und globaler Perspektive im Kampf gegen Klima?
Stefan Helmcke: Die Herausforderung ist sehr komplex und die Transformation dauert teilweise lange. Gleichzeitig ist es enorm wichtig, die Wettbewerbsfähigkeit wichtiger Industriezweige nicht zu gefährden. Vieles ist aktuell noch knapp, insbesondere grüne Energien, aber auch kreislaufbasierte Materialien. Darüber hinaus erfordert beispielsweise die Circular Economy in vielen Bereichen die Kooperation von Akteuren, die zuvor wenig miteinander zu tun hatten. Es müssen neue Ökosysteme entstehen, entweder indem die Beteiligten ökonomische Vorteile für sich erkennen oder indem der Staat entsprechendes Handeln einfordert. Die Herausforderung liegt darin, knappe Ressourcen schnell zu sichern, Prozesse umzubauen und zügig die entsprechenden Investitionen zu bekommen.
Thomas Gros: Welche Rolle können dabei Unternehmertum und zirkuläre Geschäftsmodelle spielen?
Stefan Helmcke: Gerade an den neuen zirkulären Geschäftsmodellen kann man gut sehen, welch eine Riesenchance für Innovation der Kraftakt für das Erreichen der Klimaziele birgt. Derzeit erleben wir noch eine überwiegend lineare Form des Wirtschaftens - salopp gesagt: eine Wegwerfgesellschaft. Im Unterschied dazu basiert das Modell von Anbietern wie Circulee oder Refurbed darauf, die Nutzungsdauer zu verlängern – Stichwort 2nd oder 3rd Life. Andere entwickeln neuartige Verfahren, wie der Pyrolyse zum chemischen Recycling von Plastikverpackungen oder Reifen, um Rohstoffe wiederzugewinnen, aus denen sich mindestens gleichwertige neue Güter fertigen lassen. Ein Viertel aller globalen CO2-Emissionen geht allein auf die Herstellung, Verwendung und Entsorgung von Industriematerialien wie Stahl, Plastik, Aluminium und Zement zurück. Insofern besteht hier enormes Potenzial für den Klimaschutz. Die Dekarbonisierung dieser Wertschöpfungsketten kann oft überhaupt nur gelingen, indem wir mehr recyceltes Ausgangsmaterial einsetzen – so wie wir grünen Strom brauchen, brauchen wir auch mehr nachhaltige Rohmaterialien. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Circular Economy eröffnet gerade einem rohstoffarmen Land wie Deutschland die Chance, sich unabhängiger von Importen zu machen. In diesem Jahr zeichnen wir bei The Spark, dem Deutschen Digitalpreis gemeinsam mit dem Handelsblatt innovative Start-ups aus, die den Wandel zur Circular Economy ermöglichen. Unter den Bewerbern sind viele sehr vielversprechende und innovative Geschäftsmodelle dabei!
Thomas Gros: Was konkret macht eine Firma wie McK um die Welt nachhaltiger zu machen?
Stefan Helmcke: Wir sind stolz darauf, seit 2018 klimaneutral zu sein und kompensieren alle Emissionen, die wir noch nicht beseitigen konnten, einschließlich der Emissionen aus dem Reiseverkehr. Darüber hinaus haben wir uns verpflichtet, bis 2030 eine Netto-Null-Klimabilanz zu erreichen. Als entscheidenden Meilenstein auf diesem Weg haben wir uns wissenschaftlich fundierte Ziele gesetzt, die von der Science-Based Targets-Initiative im Einklang mit einem 1,5-Grad-Pfad validiert wurden. So gibt es bei uns z.B. nur noch e-Autos als Firmenwagen und alternative Mobilitätspakete wie Bahncards oder Firmenfahrräder werden immer beliebter. Den größten Teil unseres CO2-Fußabdrucks machen die Flugreisen aus. Wir verringern daher systematisch unsere Flugreisen, indem wir zum Beispiel vermehrt auf hybride Modelle setzen. Auch im Recruiting setzen wir viel stärker auf digitale Bewerbungsgespräche und Recruiting-Events. Außerdem engagieren wir uns dafür, den Luftverkehr nachhaltiger zu gestalten, indem die Verwendung von nachhaltigem Flugbenzin (SAF) ausgeweitet wird. Wir sind Gründungsmitglieder der Sustainable Aviation Buyers Alliance und Unterzeichner des Clean Skies for Tomorrow Ambition Statement des Weltwirtschaftsforums (WEF), das einen SAF-Anteil von 10 Prozent bis 2030 anstrebt. Wir arbeiten eng mit unseren Klienten zusammen, um die SAF-Produktion zu ermöglichen.
Thomas Gros: Ganz herzlichen Dank für deine Zeit und die spannenden Einblicke zu unserem gemeinsamen Herzensthema! Auf bald.